Übertragbare Handelspapiere und deren Anwendung und Adaptation in südostasiatischen Rechtssystemen

Forschungsprojekt

19. Dezember 2018

Veränderungen in Handelsbedingungen erfordern zwangsläufig auch Veränderungen der rechtlichen Regelungen zur Eigentumsübertragung. Im englischen Common Law fanden solche Anpassungen Schritt für Schritt im Laufe der Jahrhunderte durch die Urteile herausragender Richter statt. Das im Kontext des Feudalismus entstandene Common Law zur Eigentumsübertragung, das sich mit Grundstücken, Immobilien bzw. beweglichem Vermögen beschäftigt hatte, musste im Zuge der Entwicklung Englands zur Handelsnation an die sich schnell entwickelnden Handelspraktiken der Kaufleute und Bankiers angepasst werden. Eine Innovation von grundlegender Bedeutung war dabei die Einführung des uns heute so vertrauten Instruments des übertragbaren Handelspapiers (documentary transfer).

Übertragbare Handelspapiere ermöglichen die Übertragung von Eigentum durch ein Wertpapier (negotiable instrument), dessen Inhaber die Eigentumsrechte an den beschriebenen Gütern innehatte, unabhängig davon, wie er das Dokument erworben hatte. Zu Beginn stieß diese Vorgehensweise seitens der Richter auf große Ablehnung. Die Vorstellung, Eigentumsrechte an bei einer Bank gelagerten Goldbarren oder an Waren, die sich auf einem Schiff in Bombay befanden, an einen Händler in Liverpool in Form eines Papiers zu verkaufen, wäre auch heute noch verwunderlich, wenn wir uns nicht über die Jahrhunderte an diese Handelspraxis gewöhnt hätten.

Mein Projekt zielt auf eine eingehende Untersuchung der Einführung und Entwicklung dieses Rechtsinstruments in südostasiatischen Rechtssystemen im Kontext des kolonialen und transnationalen Handels ab. Kaufleute in London, Manchester und Liverpool in England sowie in Hongkong und Singapur in Südostasien bedienten sich dieses Rechtsmittels um transnationalen Handel durchführen zu können, ohne einem ihnen unbekannten Handelsvertreter am anderen Ende der Welt vertrauen zu müssen. Mit den übertragbaren Handelspapieren war eine Möglichkeit geschaffen, den Handel über einen zuverlässigen Dritten – einen Boten, einen Bankier oder ein Gericht – durchzuführen. Ohne dieses Instrument hätte sich der europäische Handelsverkehr nicht auf China und Südostasien ausdehnen können; übertragbare Handelspapiere spielten somit auch eine wichtige Rolle in der europäischen Kolonialgeschichte.

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