Max von Seydel und die Bundesstaatstheorie des Kaiserreichs

Maren Becker

Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 244
Frankfurt am Main: Klostermann 2009. X, 319 S.

ISSN: 1610-6040
ISBN: 978-3-465-04080-4


Das deutsche Reich von 1871 kein Bundesstaat, die Mitglieder des Reichs souverän geblieben, der Begriff des Bundesstaates, gemessen an den Grundbegriffen von Staat und Souveränität ein Widerspruch in sich, ja die „Quadratur des Kreises“ – mit diesen Thesen, in einem Aufsatz in der Zeitschrift für die gesamten Staatswissenschaften geäußert, erregte der sechsundzwanzigjährige Rechtspraktikant Max Seydel 1872 nicht wenig Aufsehen.

An ihnen hielt Seydel, der zu „dem“ Staatsrechtslehrer Bayerns im Kaiserreich aufsteigen sollte, zeit seines Lebens fest. Diese Arbeit zeichnet nach, wie Seydel seine Theorie allmählich ausbaute und wie sich ihre Elemente zur Staatsrechtslehre seiner Zeit verhielten.

Angefangen bei Waitz, dessen Lehre von der „geteilten Souveränität“ im Bundesstaat trotz einiger Erosionserscheinungen noch als die herrschende galt und zur Zeit der Reichsgründung noch viele Anhänger besaß, über originelle Abweichler wie Georg Meyer und die beiden prägenden Figuren der Staatsrechtslehre des späten 19. Jahrhunderts, Albert Hänel und Paul Laband, bis hin zu den neuen Sichtweisen eines Hugo Preuß und – dies den zeitlichen Rahmen der Arbeit schon überschreitend – eines Hans Kelsen zeigt dieser Vergleich vor allem eines: Die Grundbegriffe von Staat und Souveränität, das Verhältnis von Völker- und Staatsrecht, von völkerrechtlichem Vertrag und Gesetz, ja sogar die Frage, ob und vor allem warum der Staat juristische Person sei, waren keineswegs geklärt, ein Konsens kaum in Sicht. Dies lag auch – aber nicht nur – an unterschiedlichen methodischen Überzeugungen.

So wundert es nicht, wenn Georg Jellinek in seiner 1882 erschienenen Lehre von den Staatenverbindungen feststellt, es herrsche in wenigen Partien des öffentlichen Rechts eine solche Unklarheit wie in der Lehre von den Staatenverbindungen.

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