Pandemien aus der Perspektive des Rechts – aktuelle Forschungen
Die gegenwärtig intensiv geführten Debatten um Recht- und Verhältnismäßigkeit der Anordnungen und Verbote machen deutlich, dass bei der Bewältigung der Covid19-Pandemie auch Juristinnen und Juristen gefordert sind. Viele der Maßnahmen wie etwa die Quarantäne, aber auch die Widerstände dagegen, etwa gegen Impfungen, lassen sich bereits bei der Bekämpfung vorangegangener Epidemien nachweisen. Wissenschaftler*innen unseres Instituts sind gegenwärtig an verschiedenen rechtsgeschichtlichen und rechtsvergleichenden Forschungsprojekten beteiligt, die die Vielfalt der rechtlichen Fragen und Problemlagen einer Epidemie zeigen.
Eine Zusammenstellung von relevanten Primär- und Sekundärquellen zur Rechtsgeschichte von Pandemien bietet eine gemeinschaftliche erstellte Online-Bibliographie, die von David Schorr, Leiter des Berg-Instituts für Recht und Geschichte an der Universität Tel Aviv, initiiert wurde und an der Karl Härter als Experte für frühneuzeitliches Straf- und Verwaltungsrecht beteiligt ist. Sigfrido Ramírez Pérez wirkt mit an einem Zusammenschluss von rund 100 französischsprachigen Wissenschaftlern, Le réseau POSOC-19, die sich mit den Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf die politischen und rechtlichen Systeme in Europa befassen.
Die Frage, wie das Vertragsrecht auf unvorhergesehene Umstände reagiert, die nach dem Abschluss eines Vertrages eintreten, steht bereits seit längerem im Zentrum der Forschungen von Stefan Vogenauer. Was passiert etwa, wenn ein Vertragspartner seine Leistung nicht erbringen kann, weil seine Fabrik während einer Pandemie geschlossen werden muss? Einen vergleichenden Überblick darüber, wie die wichtigsten europäischen Rechtssysteme mit solchen Fragen umgehen, gibt die 2019 erschienene, dritte Ausgabe von "Cases, Materials and Text on Contract Law", (Kapitel 28 bis 30), die Stefan Vogenauer mitverfasst hat.
Teaser-Bild: Kupferstich eines Zeitzeugen der Pest von Marseille aus dem Jahr 1720.
(Der ursprüngliche Uploader war Christophe.moustier bei Wikipedia.fr.)