Das Netzwerk der "Gefängnisfreunde" 1830-1872.
Karl Josef Anton Mittermaiers Briefwechsel mit europäischen Strafvollzugsexperten

Lars Hendrik Riemer

Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 192
Juristische Briefwechsel des 19. Jahrhunderts
Frankfurt am Main: Klostermann 2005. XIV, XXX, 1908 S. in zwei Halbbänden

ISSN: 1610-6040
ISBN: 978-3-465-03405-6


"Netzwerke" sind keine neuartige Erscheinung des Internetzeitalters. Dies veranschaulicht das Beispiel des wirkmächtigen Kommunikationsverbands der europäischen Strafvollzugsreformer im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. Das Leitbild einer modernen, zweckorientierten Strafanstalt wurde in Theorie und Praxis generiert von einem dichten, fachliche wie geographische Grenzen überspannenden Beziehungsgeflecht, an dem Vollzugspraktiker und nationale Entscheidungsträger ebenso partizipierten wie die international agierenden Vertreter einer eigenen Expertendisziplin, der "Gefängniskunde". Konstituiert wurde dieses Netzwerk vorrangig über persönliche Korrespondenzbeziehungen zwischen seinen Akteuren, wie die kommentierte Edition von 665 Briefen namhafter europäischer Strafvollzugsexperten aus dem Nachlaß K. J. A. Mittermaiers belegt. Die von dieser Quellenbasis ausgehende ausführliche Analyse des gefängniskundlichen Netzwerks spürt dessen Struktur ebenso nach wie seiner Bedeutung für den aufwändigen Wissenstransfer der "Gefängnisfreunde" und ihre koordinierten Bemühungen um rechtspolitische Einflußnahme. Deutlich werden so die Rahmenbedingungen und Funktionsmechanismen eines internationalen "policy network" des 19. Jahrhunderts, in dem Mittermaier als Verfechter einer empirisch-vergleichend ausgerichteten "praktischen" Rechtswissenschaft eine kommunikative Schlüsselposition erlangte.

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