Judenverordnungen im Hochstift Würzburg (15.-18. Jahrhundert)

Imke König

Studien zu Policey und Policeywissenschaft
Frankfurt am Main: Klostermann 1999. XVI, 290 S.

ISSN 1612-7730
ISBN 3-465-03008-7


Seit dem 16. Jahrhundert erließen die Würzburger Fürstbischöfe ebenso wie andere Landesherren mit zunehmender Tendenz Verordnungen, die mit dem Ziel der Herstellung und Bewahrung einer guten Ordnung des Gemeinwesens in fast alle Lebensbereiche der Untertanen - so auch der Juden - regelnd eingriffen. Vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts konnten allein ca. 200 landesherrliche Verordnungen für den Bereich des Würzburger Territoriums ermittelt werden, die Regelungen bezüglich der jüdischen Bevölkerung enthalten.

Die Darstellung und Analyse dieser Verordnungen gewährt einerseits einen Einblick in die frühneuzeitliche Policeygesetzgebung eines Territoriums des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, dem des Hochstifts Würzburg; durch die Beschränkung auf die Materie der Judenverordnungen konnte gleichzeitig ein umfassendes Bild der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Stellung der Juden im Hochstift Würzburg vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des alten Reichs entworfen werden. Die Policeymaterie "Juden" eignete sich in besonderem Maße, da die Judenverordnungen die unterschiedlichsten Lebensbereiche der Juden regelten und damit auch repräsentativ für die gesamte Verordnungstätigkeit im Hochstift waren. Es ging um Geld- und Pfandleihgeschäfte, Handel und Handwerk, Steuern und Abgaben, Kleidervorschriften, Ausgrenzungen im sozialen Bereich, Schutzvorschriften und besondere prozessuale Bestimmungen für die jüdische Bevölkerung. Neben diesen Regelungsgegenständen wurde bei der Analyse der Judenverordnungen ein besonderes Augenmerk auf die Motive für ihren Erlaß gerichtet, die sich teilweise aus den Begründungen der Verordnungstexte selbst ergaben, teilweise aber erst aus den Umständen des Normerlasses herausgearbeitet werden konnten. Die formelle Analyse der Verordnungen beantwortet darüber hinaus die Frage nach dem Gesetzgeber, den Normadressaten, dem räumlichen Geltungsbereich, den Publikationsformen, der Sicherstellung von Normanwendung und Normdurchsetzung sowie der Normstruktur der Verordnungen. Sowohl bei der materiellen als auch bei der formellen Analyse der Verordnungen wurden die Entwicklungslinien herausgearbeitet und ein Versuch der Einordung in die allgemeinen Zeitströmungen unternommen. Nicht unberücksichtigt blieben letztlich die institutionellen Gegebenheiten. Neben dem allgemeinen Verfassungs- und Verwaltungsaufbau des Hochstifts war dabei insbesondere auf die jüdische Selbstverwaltungsorganisation einzugehen und diese in den staatlichen Rahmen einzuordnen.

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